Flüstern mit Pferd und Hund

Sie flüstern mit den Pferden, dem Hund und den Menschen – drei Tage haben 15 Schüler der Adolf-Reichwein-Schule (ARS) mit den Schulseelsorgerinnen Andrea Kühn-Müllender und Dagmar Steinmetz erfahren, was tiergestützte Seelsorgearbeit bedeutet.

Von Alexander Schneider, Neu-Anspach.

Die 15 Jungen und Mädchen der Klassen 5, 6, 9 und 10 hatten an den jährlichen Reflexionstagen teilgenommen und waren dazu zu einem alternativen Pferdehof in Hohenroda/Rhön aufgebrochen. Sie lernten dort eine eindeutige Körpersprache sowie sichereres Auftreten und mehr Selbstvertrauen im Umgang mit Tieren. Finanziell unterstützt wurde das Projekt durch den Grävenwiesbacher Taxi-Betrieb Knöpp, der den Transport der Kinder übernommen hatte, sowie das Evangelische Dekanat Hochtaunus und den Förderverein der ARS.

Im Mittelpunkt stand der Umgang mit und das artgerechte Reiten nach dem Ansatz des „natural horsemanship“, das den Kindern in den drei Tagen in Grundzügen vermittelt wurde. „Natural horsemanship“ bestimmt die vom Instinkt geleitete Gemeinschaft zwischen Mensch und Pferd und vermittelt Vertrauensübungen mit dem Pferd spielerisch. Dem Pferd wird signalisiert, dass Menschen seine Freundschaft und seine Partnerschaft anstreben. Dazu wird die von den Pferden praktizierte Körpersprache, die aus Streicheln, Schubsen und Vertreiben besteht, erlernt und benutzt. So wird in der Herde die Rangfrage geklärt, und wenn Menschen als ranghohe Tiere bei diesem Spiel mitspielen und die Spiele gewinnen, geht danach alles fast von selbst. Es funktionierte tatsächlich – und zwar nicht nur gegenüber Pferden, sondern auch gegenüber Menschen und Schulhündin Leyla.

Ziel war es nicht nur, das „Pferdeflüstern“ zu lernen, sondern diese Erkenntnisse auch anzuwenden auf die „kleine Menschenherde“. Die Tage waren durch Lerntagebucheinheiten strukturiert, denn jedes Kind hatte ein von Andrea Kühn-Müllender eigens für die Veranstaltung konzipiertes Lerntagebuch bekommen: Gruppendynamische Elemente, Körperübungen, Reflexions- und Konfliktmediationsrunden bestimmten den Ablauf Fotorallye, Lagerfeuerabend mit Gitarrenmusik, Singen und ein Kino-Abend mit vertiefenden Lehrfilmen förderten das Gemeinschaftserlebnis ebenso wie Morgen- und Abschiedsrituale, durch die der Gruppenprozess gestaltet und gefördert wurde.

Regeln müssen beachtet werden

Schulhündin Leyla hatte ihren ersten mehrtägigen Einsatz und machte ihre Sache hervorragend. Die Hündin bot sich als Entspannungspartnerin in Pausen und als Spielkameradin an. Auch als Trainerin für die Kinder, die anfangs eigentlich noch Angst vor Hunden hatten, machte sie einen Superjob. Schon am zweiten Tag kugelten die Kids mit Leyla spielerisch herum. Durch ihre Präsenz parallel zu der Arbeit mit den Pferden wurde immer wieder spürbar, dass alle Teilnehmer des Projektes tatsächlich Mitglieder einer „Herde“ waren, in der es Regeln gibt, die beachtet und gegebenenfalls neu verhandelt werden müssen. Die Rangordnung musste geklärt sein, damit Konflikte bearbeitet werden konnten und die Balance zwischen Streicheleinheiten geben und nehmen gefunden wurde.

Andrea Kühn-Müllender danach: „Es war faszinierend zu beobachten, mit welchem Lerneifer, Engagement und Konfliktlösungsbereitschaft alle bei der Sache waren. Hier wurde durch gute Lernbedingungen die natürliche Lernfreude von Kindern und Jugendlichen gefördert.“ Zum Erfolg beigetragen hätten auch die beiden älteren Schülerinnen Venera Hashani (Klasse 9) und Zarina Tölle (Klasse 10), die mit den Schulseelsorgerinnen das Leitungsteam bildeten.

Erschienen am 2. Juli 2009 in der TaunusZeitung.